Kolumbien
von 13. bis 28. Dezember 2009

Teil1

In Macao biegen wir in ein schwerumzäuntes und –bewachtes Busterminal ein. Kaum ausgestiegen aus dem Taxi bieten sich Gepäcksträger an. Wichtig ist die Frage, wohin ich weiter will. „Santa Marta, si si“, sage ich. Passoporte herzeigen und schon ist die Fahrkarte geschrieben. Mein Gepäck ist schon weggekarrt, so schnell kann ich gar nicht schauen. Alles rein in den Bus und Abfahrt.

Da steht vorne ein Mann auf und hat eine wichtige Botschaft an alle Fahrgäste. Ich verstehe kein Wort. Erst glaube ich, es geht um Glaubensfragen, denn so ist sein beredtes Gehabe und Getue. Als er dann aus einem Beutel kleine Schächtelchen an die Fahrgäste verteilt, beginne ich zu verstehen. Ich schau mir das an: Pillen. Omega 3 steht auf der Schachtel. Der reinste Jungbrunnen, wenn ich Gesten, Mimik und Stimmlage des Mannes richtig deute.

Kaum ist er ausgestiegen, hält der Bus wieder: Ein zierliche Frau hat Süßigkeiten zu verkaufen. Bald kommt jemand mit irgendwas anderem. Das geht so dahin. Es macht die Fahrt kurzweilig. Später wird was zum Trinken verkauft, dann auch zum Essen. Zwischendurch kommt wieder mal Polizei herein. Ich fühle mich wirklich gut versorgt und beschützt.

 

Ich habe es wieder gut getroffen

in der La Casa del Felipe in Santa Marta.

  

Am Sonntag gegen Abend treffe ich hier ein. An einem Hang stehen mehrere kleine Häuser. Dazwischen Steintreppen, -wege und -terrassen. Auf den Terrassen sind Hängematteaufn gehängt. Tische und Stühle laden ein zum sich Niederlassen. Die Küche ist ein eigenes Häuschen. Ich lass mir Gemüse mit Reis bringen. Es ist eine Stimmung wie in einer Jugendherberge. Es taugt mir.

Da treffen Fanny und Spencer ein. Cesar von der Reception hat sie angerufen, weil ich angefragt habe wegen der 6-Tage-Tour in die "Verlorene Stadt". Ich werde sofort handelseins mit der Managerin der „Magic Tours“. Am Dienstag um 08:30 soll es losgehen.

In Santa Marta bin ich vor 43 Jahren schon gewesen, damals als Elektro-Assistent aufeinem Bananendampfer. Ich will mir mal in den Hafen anschauen. Ob wir uns wieder erkennen?

 

"¿DONDE?" - Wo finde ich?

Nach ausgedehntem Frühstück im traumhaften Gastgarten der „La Casa del Felipe“,

anschließendem Besinnens auf die vielen Geschehnisse der letzten Tage und deren Niederschrift ins persönliche Tagebuch, begebe ich mich in eine der Hängematten und schau in die Bäume über mir.

   


Ich muss nach Santa Marta, um ein paar wichtige Dinge zu erledigen. Die Banken haben am Nachmittag nur 2 Stunden geöffnet. Doch zum Wechseln von US-Dollars in heimische Pesos sind hier nicht die Banken zuständig, sagt mir der Security-Mann der Bank. "¿DONDE?" frage ich. Er wendet sich mit meinem Anliegen an seinen staatlichen Kollegen, einen Polizisten. Der führt mich drei Häuser weiter in einen Basar zum dortigen Händler von Unterhaltungs-Elektronik. Der wechselt mir zum Kurs von 1800 Pesos für 1 US$.

Auch bei Briefen ins Ausland ist hier nicht die Post zuständig. "¿DONDE?" Cesar von Rezeption hat es mir ungefähr beschrieben, wo ich das Büro finde. Als ich glaube, in der beschriebenen Gegend zu sein, fällt mein Blick auf das Angebot eines fahrenden Bananenverkäufers und ich werde sein Kunde.

 

Dann zeige ich ihm den Brief an die Illa in Österreich. Der enthält den USB-Stick mit den Fotos für die Hompage. Damit kann meine Webmasterin die neuesten Bilder in den Text meiner Berichte einbauen. "¿DONDE?" winke ich mit meinem Brief und zeige auf das "Austria" der Empfängerin. Der fahrende Bananenverkäufer heißt Albero und erklärt mich spontan zu seinem Amigo. Wir marschieren zum nahen Kopier-, Telefonier- und Internet-Büro.

 

Nein, dafür seien sie nicht zuständig, aber sie beschreiben dem Albero den Weg zum Büro für Auslandspost.

Wir fahren weiter. „Bananas, bono bananas!“ rufe ich laut. Albero trumpft auf: „Austrian Bananas!“ Ständig grüßen ihn Menschen. Er erfreut sich offensichtlich großer Bekanntheit und ich bilde mir ein, es macht in fröhlich, in Begleitung eines Ausländers gesehen zu werden.Die Frau im Auslandsbüro versteht noch weniger englisch wie ich spanisch reden kann. Doch links und rechts von mir habe ich zwei hilfreiche Frauen, die mir dolmetschen. Die Frau hinterm Schalter gibt nicht einfach eine Briefmarke drauf, wie ich das von St. Lucia und Trinidad gewohnt bin. Nein, sie braucht meinen Reisepass. Und sie ist so freundlich und füllt ein A4 großes Formular aus für mich. Dann muss ich noch meine Telefonnummer und die der Illa auf das Kuvert schreiben. Beim Bezahlen verstehe ich was von otscho, was 8 heißen könnte. Ich ziehe einen 20000-Peso-Schein. Nein, zu wenig. Aha, schließe ich messerscharf, es sollten wohl 80000 sein und ziehe weitere 3 Zwanziger. Nein, zu wenig. Ich lege einen weiteren dazu, noch einen, noch einen. Ich glaube, es sind 180000 gewesen, als man mir bedeutet, es sei nun genug. Alles rundherum ist vergnügt, wie hier der Polizist:

 

Ich zeige auf mein erregtes Herz. Nun bin ich gespannt, wie schnell die das machen für mein vieles Geld.

Die Heimfahrt hat ihre Tücken. Ich kann zwar den Namen meiner Herberge nennen, nicht aber den etwas abgelegenen Stadtteil. "¿DONDE?" Beim ersten Taxilenker steige ich gleich wieder aus. Mit dem Zweiten versuche ich es eine Zeit lang. Wie wir vor der Einfahrt zum Hafen stehen, weiß ich, dass wir falsch sind. Mein Taxilenker ruft eine Frau herbei. Wie ich Felipe sage, versteht sie alles: „Filipi senoritas, nice girls“ – und weiß sogleich eine Adresse. Ich beteuere, ich habe schon ein Hotel, aber ¿DONDE? Das ist eines meiner wenigen Worte spanisch. WO? „¡Ariba, ariba!“ Nach oben heißt das auf deutsch, denn ich erinnere mich, dass der Stadtteil über einen Berg erreichbar ist. Die Frau nickt eifrig, „¡ariba“, beharrt aufs Rotlicht und gibt dem Taxilenker die Adresse bekannt. Wir halten bald darauf wieder. Die Puffmutter steht vor der Tür, dahinter eine Treppe nach oben. Aha „¡ariba!“. Sie schaut mich zweifelnd an, ich blicke zweifellos zurück. Ich wende mich dem Taxilenker zu: „La cuenta par favor senor!“ Ich zahle und eile fort. Der übernächste Taxilenker versteht mich endlich und bringt mich nach TAGANGA. Da kenn ich mich dann schon selber wieder aus.

 

Der Weg durch die Sierra Nevada de Santa Marta

Was darf ich dir erzählen darüber? Das, was es zu zählen gab? Die 1300 Stufen, deren ich 1520 gezählt habe? Eine Aufzählung von Fakten, Stunden, Peisen? Oder die Namen der Berge und Flüsse, die der anderen Mitglieder der Gruppe? Oder lieber davon, wie es mir ergangen ist, wie ich mich gefühlt habe? Ich werde versuchen von all dem was mitzuteilen.


Ganz links ist Santa Marta. In der tiefen Bucht gleich oberhalb ist das Dorf TATANGA, wo ich derzeit beherbergt bin. Ganz unten erkennst du den Schriftzug "Ciudad Perdida". Es ist das geografische Ziel unserer Tour. Nach drei Tagen haben wir es erreicht.

Mit dem Geländeauto sind wir bis Macheta Pelao gebracht worden.


Hier hat unsere Fußwanderung begonnen. In der Ciudad Perdida hat sie gegipfelt und am Ausgangsort wieder geendet.

Was diese Stadt einst gewesen ist und heute aus ihr geworden ist - lies nach in http://de.wikipedia.org/wiki/Ciudad_Perdida. Hier nur kurz: Goldgräber haben in der Sierra Nevada immer wieder vergrabenes Gold gefunden. Vor ein paar Jahrzehnten haben sie die Verlorene Stadt entdeckt und ziemlich verwüstet. Was heute zu sehen ist, ist unter wissenschaftlicher Anleitung zu 80% wiedererrichtet worden. Hier jenes Bild, das auf vielen Prospekten gezeigt wird:

 


Es ist eine der höchsten Terrassen. Es heißt, dass das der Versammlungs- und Kultplatz gewesen sei.

Nach einstündiger Autofahrt, zuletzt auf sehr naturbelassener Piste,

 

erreichen wir am Dienstag, 15. Dezember 2009 Macheta Pelao. Hier beginnt unser Fußweg. Auf Seehöhen zwischen 180 und 800 Höhenmetern bewegen wir uns auf und ab. Zuletzt erreichen wir die Verlorene Stadt auf 1200 m.

Wir sind, ausgenommen 1. Tag, immer frühmorgens, ehe es sehr heiß wurde, aufgebrochen. Zu 3/4 des Weges war uns gnädiger Schatten geschenkt.

Wir haben einen Marathonläufer unter uns, den Diego:

Hier ist er in der Gruppe, wie meist, der ganz vorne:

 

Auch alle anderen sind ziemlich gut drauf. Ich schließe mich da ein, obgleich ich das Tempo der jungen Menschen nicht mithalten kann, und ich ziemlich zwangsläufig lerne, es auch nicht zu wollen. Mein Hemd ist rasch durchnässt vom Schweiß

 

Ich erkläre den anderen: "The wisdom of my body" lehre mich, langsam Schritt für Schritt genießend, ganz bei mir seiend zu gehen. "The way is one of the goal, the ciudad is the other goal," versuche ich von mir zu geben, was ich mal wo aufgelesen und im Kopf abgespeichert habe.

       

 

Es ist mir nicht gleichgültig, wie es meinen Mitwanderern mit mir, dem Langsameren geht. "You are well", teilt man mir mit, und ich merke, dass meine Botschaft nicht ganz so angekommen ist wie ich glaubte, sie abgeschickt zu haben. Jedenfalls durfte ich in all den kommenden Tagen ihre Akzeptanz und Freundschaft genießen.

    

Der 1. Tag führt uns durch extensiv bewirtschaftete Kulturlandschaft. In Macheta Pelao, gleich am Beginn unseres Fußmarsches kommen wir an einem Gebäude vorbei, wo Indio-Kinder Schulunterricht bekommen.

 

Da gibt es auch einen Raum, wo immer mal ein Arzt ordiniert und erkrankte Indios behandelt.

 

Hier bewirtschaften Farmer

ein Gelände, so steil, dass ich an die südweststeirischen Weinberge erinnert werde.

 

Auch hier gibt es das Muli, die Kreuzung zwischen Pferd und Esel, zum Tragen schwerer Lasten auf steilen Wegen. Die tun das mit einer Eselsgeduld.

     

 

Immer wieder kreuzen Ameisen unseren Weg. Sie schneiden aus den Blättern begehrter Pflanzen Stücke ab. Daher heißen sie „Blattschneider-Ameisen“. Die Blätter tragen sie dann über weite Strecken in ihren Bau.

 

Gegen Abend treffen wir in unserer Unterkunft ein. Unter einer großen Dachkonstruktion erwarten uns die Hängematten für die Nacht.

     

 

Hier wird gekocht für uns

 

  

 

Hier können wir uns den Schweiß vom Körper abwaschen.

und sind dann wieder ganz fröhlich

 

Am 2. Tag erreichen wir das allein für Indios vorgesehene Siedlungsgebiet.

      

Wir sehen einige ihrer Häuser, davor manchmal neugirig-scheue Kinder, Frauen, Hühner und Schweine.

                           

 

Die Indios haben auch Rinder.

     

Sie bewirtschaften den Urwald extensiv: Bananen, Zuckerrohr, Yuka, Coca habe ich gesehen. Die Indios begegnen und überholen uns zu Fuß oder auf Eseln, Mulis und Pferden.

     

Sie kommen zu unserer Unterkunft, setzen sich hin und schauen uns an. Ich lächle einem älteren Paar zu und bleibe eine Zeit lang in deren Nähe. Wie fühlt sich das an? Die Frau lächelt immer wieder zu mir.

Ich trau mich nun, auf meine Kamera deutend, zu fragen, ob ich dürfe ... Beide nicken.

 

Nun, dann. Es freut sie offenbar, wahrgenommen zu sein. Später kommt die Frau zu mir her und will die Bilder sehen.

Die Indios bekommen für jeden Gast, der auf ihren Pfaden geht, ein wenig Geld. Sie machen auch Transporte von Gepäck und Proviant für uns Gäste. Mein Rucksack ist eine längere Strecke von einem Indio-Muli getragen worden. Ich sehe Uhren an den Armen der Männer, Gummistiefeln und schweres Schuhwerk an den Füßen.

 

Ein junger Mann hat ein tragbares Radio in den Händen. Er sei der Sohn des Chiefs, wird uns gesagt. Das Zusammenleben der im Urwald verbliebenen Indios mit den anderen Menschen, teils europäischer, teils afrikanischer Herkunft, teils Mestizen, erscheint mir recht spannungsfrei, friedlich, sich gegenseitig anerkennend.

Mehr über die hier lebenden Indios, die Tairona, ist inhttp://de.wikipedia.org/wiki/Taironazu finden.

Es geht weiter über Stock und Stein, Gräben und Bäche.

       

 

Die Unterkunft des 2. Tages erreichen wir schon am frühen Nachmittag.

     

Bis zum Fluss ist es nicht weit. Hier wasche ich heute meinen Schweiß ab und erfrische mich.

         

Am 3. Tag sind wir schon um 6 Uhr auf den Beinen. Das ist der Tag, an dem ein Fluss an die achtmal durchquert wird. Hier geht der Führer einer anderen Gruppe voraus:

Gernot und Dagmar aus Schweden folgen nach.

Es wird wieder ein schönes Dahinwandern.

             

Schließlich sind wir dort, wo die 1500 Stufen in die Ciudad Peredido führen. Die untersten 20 Stufen hat der Fluss weggerissen. Von da an heißt es „aufi, aufi“ oder auf spanisch „ariba, ariba“

   

Ich übe mich in den spanischen Vokabeln für die Zahlen. „ Uno, doce, trece, quatro, cinque, ...“ .

Ich bin bei 1300:          

Hier bin ich bereits in der Gegend um die 1400 Stufen angekommen.

Nach etwa 5 Stunden, ist das Quartier des 3. Tages erreicht.

         

Am Berghang gegenüber – das ist keine Schifahrer-Schneise.

Hier ist vor ein paar Jahren, nach heftigen Regenfällen was ins Rutschen gekommen.

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