Die ersten 7 Wochen auf St. Lucia  / Teil 1

 

 

Die Narwal am Steg in Le Marin

Die Marina in Le Marin

 

Letzte Tage auf Martinique                              

Nach 3 Wochen am Atlantik bin ich am Dienstag, dem 24. Februar 2009 gegen Mittag mit der Narval in der Marina von Le Marin angekommen. Ich verbringe noch 2 Nächte an Bord. Dann wechsle ich in die Auberge de Mare, 10 Gehminuten von der Marina entfernt.

   

Das Dorf Le Marin

Ich bringe meine Wäsche und die vom Schiff in eine Wäscherei. Am Boot gibt es noch ein paar Handgriffe zu tun für mich.

Martinique ist ein französisches Übersee-Departement, ist also Frankreich. Es gilt der EURO. Die Martiniquer haben sich vor zwei Jahrzehnten erneut dafür entschieden, bei Frankreich zu bleiben. Damit haben sie zwar den Vorteil, dass sie die gesamte Staats-Struktur einschließlich Außenpolitik und Landesverteidigung nicht selbst ausdenken müssen. Entscheidend könnte auch die Sorge vor Vereinnahmung durch die USA gewesen sein. Hatten die Amerikaner doch 1983 auf Grenada militärisch interveniert. Andererseits scheinen sie sich nun schwerer zu tun, mit ihrer Selbstfindung, mutmaßt mir gegenüber ein politisch gut gebildeter Franzose. Die Menschen hier sind überwiegend Nachkommen einstiger Sklaven aus Afrika. Sie beenden es anscheinend nicht so gut, sich gegen die Weißen aufzulehnen, wie das auf den völlig auf sich selbst gestellten Nachbarinseln möglich ist. Die schlechte Verhandlungs-Kultur – ganz schnell mal zu streiken – hätten die Martiniquer aus Frankreich übernommen, meint mein französischer Gewährsmann.

Die Menschen hier scheinen mehr Geld zu haben als die auf den Nachbarinseln. Doch in Martinique messen einflussreiche Menschen ihre Zufriedenheit am Einkommen im europäischen Frankreich. Hier in Martinique ist alles teurer als in Europa. Nun wird gestreikt, schon seit einigen Wochen. Es zeichnet sich kein Ende ab.

Schmerzlich spüren vom Streik tut man als Gast in der Marina fast nichts. Aus den Geldautomaten kommt kein Geld. Ich bekomme es in der Mango Bay Bar. Hier gibt es auch drahtlose Internet-Verbindung, das Wifi – meine Nabelschnur zur restlichen Welt.

Wenn die Menschen hier sichtlich mit den eigenen Problemen ringen, dann möchte ich nicht dazwischen geraten. Außerdem vernehme ich, das Leben auf den anderen Inseln sei billiger. Darüber denke ich laut nach, als Lars und Luise sich an meinen Tisch setzen. Was ich ihnen sonst noch an Gschichtln erzählt habe, dürfte ihnen gefallen haben. Einen Tag später bekomme ich die Einladung, mit ihnen auf die südliche Nachbarinsel St. Lucia zu fahren.

      

          

Am Sonntag, dem 1. Märze schiffe ich mich ein auf der Spica http://www.sy-spica.de/

 

 Ankommen auf St. Lucia

Es ist gerade Nacht geworden als wir in St. Lucia in der Rodney Bay vor Anker gehen. Ich schlafe im Salon. Der zweite Gast an Bord, ein Kameramann von einem Berliner Fernsehsender, schläft im Freien. Es ist meinen Gastgebern nicht entgangen, dass ich Geburtstag habe. Mit einem Lied, einer Zeichnung des 7-Jährigen, einer Torte und viel Händedrücken beginnt mein 69er.

Ich finde ein halbwegs billiges Hotel in der Nähe der Marina, das „Stephanie“. Nachts Hundegebell, Verkehrslärm und laute Musik – wie in Kap Verde.
Jetzt heißt es für mich ganz rasch an Informationen herankommen, die meinen weiteren Verbleib oder mein Weitersegeln ermöglichen. Die besten Orte dafür sind immer die Lokale in den Marinas.



Es hat Erfolg. Ich komme mit einem Kanadier ins Gespräch. Er ist halbe Zeit hier ansässig.  St. Lucia sei eine der wenigen Inseln mit wenig Kriminalität, erfahre ich von ihm. Er berichtet mir von dem tüchtigen Uli Meixner, der hier gemeinsam mit Frau Sandra eine Yacht-Charter betreibt.
Wie ich gehört habe, dass es hier zwei Österreicher gibt, habe ich mich gleich mal vorgestellt bei ihnen. Die Meixners haben mir da völlig unkompliziert geholfen. Sollte jemand in der Karibik ein Schiff chartern wollen - für mich wäre das die erste Adresse. Dafür kommen sie mit einem Link auf meine Homepage, habe ich ihnen versprochen. Hier ist er noch einmal: www.dsl-yachting.com
Sandra ruft bei Therese an. Die holt mich ab und zeigt mir ein wunderschönes Appartment im Grünen. Größer als meine Wohnung daheim und kaum teurer.

     


Hier heißt es Bonne Terre, also gute Erde. Es scheint mir das Villenviertel zu sein. Nicht alle Menschen von St. Lucia leben in solchen Häusern.

 

Alle Häuser hier, wie meist auf St. Lucia, haben Hanglage. Bei uns würde man das ganze Haus so weit in die Erde graben, dass der Keller auf der Talseite maximal Gelände-Niveau hat oder ein wenig darunter liegt. Hier haben die Häuser auf der Talseite hohe Stelzen, auf der Bergseite bestenfalls Gelände-Niveau, wenn auch nicht dort noch auf Stelzen stehend. Warum die das so machen hier, habe ich noch nicht heraus gefunden. Dabei täte ein Keller vor allem dem Rotwein gut –  im Kühlschrank ist es ihm zu kalt, auf dem Kühlschrank zu warm.

 

St. Lucia ist ein selbständiger Staat.

Er wurde 1971 aus britischer Kolonialherrschaft entlassen und ist Mitglied des Commonwealth, sowie einer größeren Zahl von Vereinigungen, die die Inseln mit den anderen Kleinstaaten lose verbindet.

So gilt der Ostkaribische Dollar auf fast allen Inseln (die französischen ausgenommen) der Kleinen Antillen.

Weil Kolumbus bis zum Lebensende daran festgehalten hatte, Westindien entdeckt zu haben, ist auch dieser Name sehr gebräuchlich, wenn die Menschen hier sich als gemeinsame Einheit in der Karibik sehen wollen. Etwa im internationalen Auftritt als Kricket-Mannschaft.

Keiner der Kleinstaaten der Karibik hat eine eigene Universität. So gibt es die Universität der Westindischen Inseln. Sie wird von 16 Staaten getragen, auch von St. Lucia.

Staatsoberhaupt ist die britische Königin. Sie ist hauptsächlich präsent auf den Geldscheinen mit einem Bild aus jungen Jahren. St. Lucia ist eine parlamentarische Demokratie nach britischem Vorbild. Die zuletzt britische Vergangenheit hat im Linksverkehr auf den Straßen ihre Spur hinterlassen. Die anfänglichen und viele male gewechselten Phasen französischer Herrschaft ist hörbar geblieben im Patois, der Umgangssprache der Einheimischen. Viele Ortsbezeichnungen sind französisch. Die Menschen bekennen sich überwiegend katholisch. Es überwiegt die schwarze Hautfarbe in allen Schattierungen ins Helle. Sie machen etwa 90 % der 170000 Einwohner aus. Deutlich erkennbar im Straßenbild sind Menschen indischer Herkunft. Der Anteil weißer Bewohner soll bei 1 % liegen. Amtssprache ist englisch.

Noch Fragen? Wikipedia – meine wichtigste Wissensquelle, fern der eigenen Bibliothek -  weiß mehr: http://de.wikipedia.org/wiki/St._Lucia

 

Ich schau mich um auf der Insel

Anfangs spaziere ich täglich mit Laptop im Rucksack in die Scuttlebutt Bar. Die haben das beste Wifi (– gehabt. Seit 1. April ist es geschlossen). Am Weg dorthin, etwa 20 Gehminuten, bekomme ich viel freundliche Begegnungen mit Nachbarn, Bauarbeitern und Autofahrern.

Ich brauch mich nur umzuschauen – schon hält das Auto: „Good morning. Come in. My name is Douglas“. Schon sind wir im Gespräch.

Ich fotografiere Blumen beim Nachbarhaus. „Good morning. I’m Lila.“ „Ja, ich bin Segler ohne Boot, komme aus Austria und wohne nun im Haus nebenan“. „Oh, bei mir wohnt auch ein Segler aus Australia“, freut sich Lila. Ich erkläre ihr mit angewinkelten Unterarmen und hängenden Händen, Austria no Känguruh. Ja, ja. Sie weiß schon den Unterschied.

Am Abend, am Nachhauseweg begegne ich Edgar, dem Australier, einem vergnügten Typen. Er hat eine Regatta-Yacht. Wie die meisten Eigner ist er gerade beschäftigt, an seinem Boot was herzurichten.

Neben mir kommt ein junger Mann zu gehen. Er spricht mich freundlich an und nach drei Sätzen reicht er mir die Hand: „My name is Marvin.“ Noch ein paar Sätze und unsere Wege trennen sich. Ich bin willkommen gewesen an seiner Seite, und er hat mir das gesagt. Ist das nicht ein schönes Geschenk?

Ähnlich die „Kirche am Weg“ an einem Sonntag. Ich hatte Pigeon Island bewandert. Es ist früher Nachmittag. Am Weg erblickt mein, vom hungrigen Magen gelenktes Auge einen Tisch mit Reis, Gemüse, Fisch und Fleisch. Und wie ich so schau, reicht mir jemand einen vollen Teller. Ich sei eingeladen, sagt man mir. Es ist ein Meeting der „Church of the Nazarene“, erfahre ich. Dank Wikipedia weiß ich inzwischen, dass Gastfreundschaft in dieser Freikirche hohen Stellenwert hat. Ich bin wie immer groß im Nehmen. Dass das anschließende Tischgespräch in missionierende Bahnen ging, fand ich logisch und erträglich – mit solchen Zusatzgeschenken ist zu rechnen, nicht nur bei christlichen Gemeinschaften. Auch wenn das Schenken Programm ist – danke für das Geschenk, danke für ein solches Programm!

Pigeon Island

Blick auf die Insel vom Süden. Sie bildet im Norden den Einschluss der Rodney Bay.

Blick auf die Rodney Bay, von Pigeon Island aus

Hier ankern die Segelschiffe, mit dem Vorteil, keine Hafengebühr zu zahlen, abgeschieden zu sein und dem Nachteil, abgeschieden zu sein und keinen Strom- und Wasseranschluss zu haben. Manchmal gibt es hier sehr gefährlichen Schwell. Dann flüchten die meisten in die Lagune, wo man entweder ankert oder doch an den Steg geht. Inzwischen hat man die Insel zur Halbinsel gemacht.


Pigeon Island habe ich inzwischen zwei mal besucht. Die einstige Insel, mittlerweile Halbinsel ist zum Nationalpark gemacht worden. Zuerst zivile Seeräuber, später auch solche in Militäruniform haben die strategisch günstige Lage der Insel zu nützen gewusst.

Zahlreiche Gebäudereste, zwei Kanonen-Plattformen und ein ziemlich gut erhaltener Kalk-Brennofen sind deutlich sichtbaren Spuren aus dieser Zeit. Unter dem englischen Admiral Rodney ist das alles gebaut worden. Er hat hier Seeschlachten gegen die Franzosen gewonnen. Verloren gegangen an die Franzosen ist die Insel dennoch viele male.

                

Blick nach Norden: In der Ferne ist Martinique zu erkennen.

 

In meinem Reiseführer lese ich ausführlichst von den gewonnen Schlachten – die Geschichte schreiben immer die Sieger. Das sind zuletzt die Briten gewesen.

Beim zweiten Besuch habe ich vorwiegend eine sich einsam gebärdende Frau, die Ruperta betreut. Wegen Abwesenheit ihres Kapitäns hatte sie sonst niemanden. Einen gewissen Höhepunkt hatte dieser Ausflug am Fuße des Inselberges, auf einer sehr gemütlichen Terrasse bei Rum-Soda. Rum aus Zuckerrohr ist hier eines der ältesten Produkte. Zuckerrohr wird kaum mehr gezogen – doch der Rum ist geblieben.

                 

Der Heimweg führt uns über den Schickimicki-Strand eines Hotels.

Dann kommen wir in die Altstadt von Gros Islet. Nachts ist es abgeraten, sich hierher zu begeben. Obwohl noch Tag, hat meine Begleiterin die Hand am Pfefferspray. Einheimische Jugendliche umringen mich. Sie verkaufen mir voll begeistert Kokosnüsse. Sie kappen der Nuss geschickt eine Kalotte ab, sodass das weiße Fleisch gerade hervorschaut. Da kommt dann das Trinkloch hinein. Es wird direkt an den Mund gelegt und die klare Kokosmilch daraus abfließen gelassen. Nach dem Trinken lass e ich mir die Nuss in zwei Teile hacken. Dann wird noch eine ganz kleine Kalotte abgehackt. Das ist Spachtel und Löffel, womit ich das weiße Fleisch aus der halben Hohlkugel herausschabe. Die Buben haben einen Riesenspaß, dass sie mir die Kokosnüsse verkaufen können. Der Pfefferspray kommt nicht zum Einsatz. Ich glaube, das tut der Ruperta ein wenig leid, denn sie hat den Spray immer bei sich, aber noch nie gebraucht.

Und dann wird es Abend in der Rodney Bay.

 

Hauptstadt Castries

 

Dieser Baum soll an die 400 Jahre alt sein

     

Aus St. Lucia kommen 2 Nobelpreisträger. Ihre Büsten stehen im gleichen Park wie der alte Baum.

Die Kathedrale von Castries.

 

Und nun ein paar Bilder vom Markt in Castries      

 

Meine erste Reise nach Soufriére –
zum Diamant-Wasserfall und dem botanischen Garten


Die Fahrt mit dem Sammel-Taxi führt bergauf-bergab durch Wälder und Bananenplantagen.

Kirche in Soufriére

Männer beim Domino-Spiel.

Die freundliche Einladung zum Mitspiel habe ich ablehnen müssen, denn sie haben um Geld gespielt – da hätte ich Anfänger nur verspielen können.

Bilder vom Weg zum und im botanischen Garten.

        

Der Diamantwasserfall. Das Wasser stammt zum Teil aus den vulkanischen Schwefelquellen, daher das Orange der Felswand.

 

Wenn der Sebastian die Machete schwingt

Sebastian hat seinen Klein-LKW an der Überlandstraße vor dem Parkplatz zum Supermarkt abgestellt. Die Ladefläche ist voll mit grünen Kokosnüssen. Seine Kunden dürsten nach der Kokosmilch im Inneren. Dazu schneidet er die Nuss mit einigen kraftvollen Hieben mit seiner Machete auf, im Idealfall so, dass der Schnitt die weiche Schicht rund um den Hohlraum gerade noch tangiert, aber die Fruchtblase nicht öffnet.



Dann dreht der Sebastian die Machete um. Deren oberes Ende hat einen sanften Haken dran. Damit öffnet er die Blase und der des Trinkens kundige Kunde führt das Loch direkt an Mund und trinkt, ohne einen Tropfen zu verlieren. Das nenne ich Trinkkultur!

Diese Bilder sind nicht beim Sebastian gemacht, zeigen aber den Genuss des Trinkens den ich immer dabei habe;-)


Mir, dem sichtlich nicht Inselgebürtigen, reicht Sebastian einen Trinkhalm. Ich lehne in ab. Ich will trinken wie alle hier! Da hätt ich ja gleich daheim bleiben können. „Bleibe im Land und nähre dich redlich“, hat der Pfarrer bei der Trauung gesagt. Daher bleibe ich ein paar Wochen im Lande und trinke so redlich, wie alle hier. Amen. Oder Hough, wie der Indianer sagt.
Es ist ein ästhetischer Genuss, zuzuschauen, wenn der Sebastian die Machete schwingt. Und ein Schaudern ist auch dabei. Wenn Sebastian nur 7 cm daneben haut, nämlich in Richtung der haltenden Hand!?
Es gibt hier an vielen Ecken Männer mit Machete. Noch keinen habe ich gesehen, der nicht alle fünf Finger gehabt hätte, in voller Länge.
Fasziniert das so, weil der Sebastian in dem Augenblick des Hiebes so ganz im Augenblick ist, ähnlich dem Bogenschützen im Zen? Oder beim Tschin-tschin, Salute, Skål, Prost und so?
Schon hebt er wieder die Machete – Prost! Da liegt der süße Brunnen frei! Wenn alle Brünnlein fließen, dann muss mann trinken!

 

Und andere Früchte am Weg

Das ist Razy. Sie zeigt mir, wie man dieses schlangenartige Gemüse vorbereitet.


So sieht es aus am Markt in Castries – von morgens früh bis abends spät.



Und hier eine Sammlung von Früchten der Gärten, wie sie bei mir am Tisch ankommen. 



Oben beginnend, von links nach rechts:
1. Reihe:
Karotten, Okra - daraufliegend weißes Fleisch aus der Kokosnuss, oberhalb Dasheen, daneben rötliche Süßkartoffel, unterhalb auch eine Süßkartoffel, Sweet Sop (grün und groß), Pampelmuse.
2. Reihe: 1 Muskatnuss, Tomaten, schräg unterhalb anliegend eine Gelbwurzel (=Kurkuma, das Gelbe im Curry, hier ungemahlen!), Radieschen, Orange, Papaya, Christophine.
3. Reihe: saure Früchte namens ????, 2 Bananen, 2 Zitronen, Ingwerwurzel, Avocado, 2 Orangen, und rechts aus dem Bild ragend: Rosmarin.
Nicht im Bild: Irish Potatos - so nennen die Leute hier unsere normalen Erdäpfel, Thymian, Frühlingszwiebel, Kürbis, Gurke, Petersil-Grün und Lauch.
Für mich völlig neu war:
Sweet Sop - sehr süß, zugleich säuerlich, etwas fasrig und im übrigen gewöhnungsbedürftig im Geschmack.
Dasheen - ziemlich geschmacklos, wohl nährstoffreich und möglicherweise auch reich an Mineralstoffen.
Christophine: unaufdringlicher sanfter Geschmack, leicht fasrige Masse.
Gelbwurzel - in Pulverform wohlvertraut. Als ganze Wurzel hatte ich Kurkuma zuvor noch nie gesehen. Sie ist im Inneren orange wie Karotte, färbt aber alles nachhaltig gelb. Soll gut sein für die Darmwände. Ziemlich geschmacksarm.
So gut geht es mir, frohlocke ich!

 

Brot vom Brotfruchtbaum

(Artocarpus altilis; Artocarpus communis; Forst., Artocarpus incisus)
Kürzlich habe ich mich über eine Brotfrucht gewagt. Die sieht so aus:



Die Brotfrucht ist hier nicht beheimatet gewesen. Mit ihrer Einfuhr ist die Geschichte der „Meuterei auf der Bounty“ aufs engste verbunden:
Hungersnöte in der Karibik haben die Siedler veranlasst, den englischen König, Georg III. zu bitten, die Brotfrucht aus der Südsee hierher zu bringen. Daraufhin hat dieser den damaligen Leutnant William Bligh beauftragt, Stecklinge des Brotfruchtbaumes von Tahiti zu den Westindischen Inseln zu bringen. Dazu wurde ein Kohletransporter umgebaut. Er erhielt den Namen „Bounty“, auf deutsch „Gnade“ – die der König gewährte, um die Sklaven vor dem Hungertod zu bewahren. Das Schiff hatte nur wenig Mannschaft an Bord und selbst dafür war der verbliebene Platz nach dem Umbau zu wenig. Das habe den Ausbruch der bekannten Meuterei begünstigt, heißt es. Nach abenteuerlicher Rückkehr des nun gefeierten Bligh, erhielt dieser neuerlich den Auftrag, Brotfruchtbäume nach Westindien zu bringen. Er ist damit 1793 in St. Vincent (die nächste Insel im Süden von St. Lucia) und Jamaika eingetroffen. Aus Jamaika ist bekannt, dass die Sklaven dort diese Gnade zunächst nicht akzeptiert hatten.
Das ist die schwerwiegende Geschichte der Brotfrucht in Westindien.
Vom Geschmack her ähnelt sie dem der Kartoffel. Gigi, meine Nachbarin im Obergeschoss, sagt, sie sei besser als Kartoffel.

 

Meine Favoritin unter den Gemüseverkäuferinnen


Das ist die Marianne. Sie hat ihren sehr kleinen Tisch gleich neben Sebastians Kokosnuss-Auto aufgestellt.



Sie verkauft – wie fast alle Marktfahrer hier – vorwiegend Obst und Gemüse, das sie zuvor am „Großmarkt“ einkauft. Ergänzt wird das Gesamtangebot dann mit Früchten des eigenen Gartens, soweit vorhanden. Das sind mal ein paar Brotfrüchte, ein andermal Bananen oder die kleinen Mango.
Ich habe mit Großes vor mit ihr: Sie soll mein bodenständiger Fremdenführer sein. Ich zahle, sie führt - ist unser Abkommen.
Ich schwärme von Soufrier, der ältesten Ansiedlung auf der Insel, begründet von Franzosen. Bei meiner ersten Reise 4 Wochen zuvor, hatte ich zwar den Wasserfall und den botanischen Garten gefunden, die Schwefelquellen aber rein zeitlich verfehlt.
Marianne hat zuerst mal eine andere Idee: Ins Cricket-Stadium schauen gehen.

      

Da gäbe es ein wichtiges Match. Es war ein langer, sehr interessanter Tag! Einen ausführlichen Bericht dieses Tages findest du hier.


Vier Wochen später gibt es dann endlich den Ausflug zu den Schwefelquellen in Soufriere.


Qualibou – Ort des Todes


hatten die Kariben (Urbevölkerung unmittelbar vor der europäischen Eroberung) die Schwefelquellen nahe der Stadt Soufriere genannt. Von deren Vorgängern, den Arawak-Indianern, wird berichtet, dass sie hier Menschen opferten, wenn sie queruliert haben.
Dem Erscheinen des Teufels geht unseren europäischen Sagen nach ein Geruch von Schwefel voraus und/oder nach. Haben Darmwinde diesen Geruch, ist die Verdauung stark aus dem Lot. Bei einer Eierspeise dieses Geruches, war mit Zwiebeln oder Eiern was faul.

Es stinkt nach faulen Eiern, als wir – Marianne und ich – mit dem Taxi uns den Schwefelquellen nähern. Herzlich willkommen, heißt uns eine Frau vom Wachdienst. Hier sei unsere Führerin. Wir mögen uns dieser anvertrauen.
Bei diesen Assoziationen nimmt es nicht wunder, dass kaum jemand in das Betonbecken eintauchen will. Es sammelt etwa 200 Meter unterhalb der Quellen das schwarze Wasser und lädt zum Bade ein. Obwohl versprochen wird, es entferne Schönheitsfehler von der Haut, misstrauen selbst Menschen mit schwarzer Haut dem fremd-schwarzen Wasser. In dem Betonbecken ist es bereits mit Wasser aus einem gewöhnlichen Bach vermischt, daher hat es geschätzt angenehme 38 °C.



Eingedenk der Lebensweisheit, auch die dunklen Seiten (der eigenen Innenwelt) wahrzunehmen, tauche ich voll ein ins schwarze Wasser der Außenwelt – als Training für den Blick in dunkle Tiefen meiner Seele. Meine gelbe Badehose wird mich bleibend an diese Übung erinnern. Das was unter hohem Druck und hoher Temperatur an Metallen und Mineralen löslich gewesen ist, fällt in dem an der Erdoberfläche nun kalt gewordenen Wasser als feiner schwarzer Schlamm aus. Lustigerweise in der Badehose genau dort, wo mein edelstes Stück anliegt. Die Unterwelt lässt grüßen!
Ein weiteres Stück talwärts gibt es einen kleinen Wasserfall. Er schenkt eine Ganzkörper-Wassermassage besonderer Art.

          

Der Dampf an den brodelnden Tümpeln soll um die 170 °C haben, berichtet die Führerin. Vor einigen zehntausend Jahren habe es einen ordentlichen Ausbruch gegeben. Seither ist es ziemlich still geworden. Letzte Eruption vor 1700 Jahren – nur Dampf, keine Lava. Seither scheint es ständig zu köcheln im Gelände.
Vor etwa 180 Jahren hat man hier einige hundert Tonnen Schwefel abgebaut. Damit ist längst wieder Schluss. Uns zeigt sich das Felsgelände als eine blank geschürfte Wunde, darinnen die blubbernde schwarze Masse.



Ich hatte Marianne am Morgen in Castries abgeholt. Damit habe ich eine einheimische Führerin an meiner Seite. Alle Fragen, die so unterwegs auftauchen, klärt sie in perfektem Patois – das ist die Sprache aus hauptsächlich franzosisch, ein wenig englisch und was aus Afrika Mitgebrachtes - die sich die farbige Bevölkerung hier angeeignet hat. Am Weg trifft Marianne immer wieder Bekannte. Eine von ihnen kocht vor Ort Brotfrucht, Süßkartoffel und Fisch. Es langt gerade noch für eine halbe Portion dieser landesüblichen Speise. Um 15 Uhr ist Schluss hier. Mit dem Sammeltaxi geht es wieder nach Hause.

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