Teil 5

Dienstag, 16. Dezember 2008

Überarbeitet am 19.01.2009

Max besucht mich schon wieder

Nach 1 Woche am Charterschiff landet Max in Mogan. Das ist 20 km von meiner Finka entfernt. Max schläft in meinem Zelt. Er schnarcht nicht, friert aber sehr. Wir bessern seine Wärmedämmung ein wenig nach. Das geht dann schon bis zum doch etwas kühlen Morgen (15°C).


An Bord konnte Max interessante Erfahrungen machen: Eine Vierer-Gruppe, die das Boot gechartert hat, hat das Sagen. Wenn Max, einer der vier Dazugekommenen, versucht, seine eigenen Wünsche zur Sprache zu bringen, so fällt das ohne viel Aufhebens vom Tisch. Bei Protest dagegen gibt’s von der Gegenseite Vorhaltungen, die mit der einen Sache gar nichts zu tun haben. So richtig aus dem Leben gegriffen! Max ist Psychologe und auch Unternehmensberater. Jetzt hat er am eigenen Leib erleben dürfen, warum seine Klienten zu ihm kommen. Das hat schon Wert. Und dann die letzten 7 Stunden hart am Wind bis zur Stärke 7. Da konnte Max, wie er mir berichtet hat, dem Skipper einiges abschauen und abgewinnen.

Im Leihauto machen wir eine Viertelrundfahrt und –überquerung im südlichen Teil der Insel: Besuch der Dünen von Maspalomas. Hier bewegte Bilder dazu http://www.myvideo.at/watch/6326465

Dann geht es nach Mogan und weiter nach San Nicolas im Westen der Insel. Von dort in vielen Serpentinen durch wilde Schluchten in jene Höhen um die 1000 m, wo sowohl die Ureinwohner, als auch die ersten europäischen Siedler (15. Jh.) vorwiegend gelebt haben.

   

Hier gibt es grünes Gas am Wegrand, grüne Matten, immer höher und dichter stehen die Kanarischen Kiefern mit den langen Nadeln. Grünes Moos auf den Steinen, Flechten an Bäumen, Pilze am Waldboden.

Wir kommen nach Artenara.

Hier machen wir Mittagsrast im spürbar ungeheizten Lokal.

     

Obwohl es im Winter nicht sehr kalt ist auf Gran Canaria, frieren dennoch Canario, wie Gäste. Denn man gönnt sich die Erleichterung, keine Heizungen einzubauen. Analoges passiert im Straßenbau. Der Unterbau darf recht leicht sein. Die Straßen brechen daher auch ohne Frost auf.

Wir passieren den höchsten Berg der Insel, den Pico de las Nieves (1942 m). Schneekoppe könnte man ins Deutsche übersetzen. Hier gibt es tatsächlich hin und wieder Schnee. Nicht, wie wir dort waren. Zwar ist es sehr kalt. Wir geraten in Nebel. Es nieselt und regnet, schneit aber nicht.
    

   

   

   

Die Beschreibung der genauen Wegführung unserer Autofahrt muss ich hier, infolge schlechter Sicht, unterbrechen. In San Mateo sind wir sicher nicht gewesen, vermutlich in Vasequillo und dann wieder sicher in Telde. Von hier über Ingenio zum Flughafen. Dann trennen sich unsere Wege und ich kehr allein zurück in mein Zelt.

Eine Besonderheit hier in Maspalomas (und vermutlich überall auf den Kanarischen Inseln), die mit der Altersstruktur zu tun hat: Es gibt auffallend viele Apotheken. (Sie werben mit auffälligen Schildern. nachts oszillierend in penetranten Farben, Formen und Frequenzen). Man sieht viele Schilder, auf denen Ärzte auch sich aufmerksam machen. Es gibt kaum Diskotheken und noch weniger Sex-Shops.

Seit 2 Wochen sind wir 5 WWOOFerInnen hier gewesen. Gestern ist Hanna, die Biologin, nach England heimgereist. Morgen fährt Lukas, der Franzose heim. Ein paar Tage später ziehen die beiden Spanier Najara und Mimoun, inzwischen verpaart, ab nach La Palma. Sie werden dort weiter wwoofen. Ich, der Längstdienende, werde wieder allein sein mit der Nuria. Wahrscheinlich auch zu Weihnachten. Mal sehen.

 

Dienstag, 16. Dezember 2008

Überarbeitet am 19.01.2009

Abschied von Gran Canaria

Ich sammle mich innerlich und äußerlich. Ein Paket habe ich gepackt, mit Sachen, die mir zu be-schwer-lich, aber entbehrlich erscheinen für meine Weiterreise. Morgen zu Mittag fliege ich nach Sal auf Cabo Verde.

Es hat was von einem Stilbruch, dieses Fliegen. Ich wollte das Fliegen ohne Not ja vermeiden, im Bestreben, meinen ökologischen Fußabdruck klein zu halten. Ich will mal nachdenken, ob ich mit diesem Flug etwa jene beiden Paare ökologisch anlasten könnte, die eigentlich über den Atlantik hätten segeln wollen und nun bloß bis Cap Verde gekommen sind. Sie sind ja schließlich die verursacher, dass ich nun aus Gran Canaria einfliege, um an ihrer Stelle nach Martinique weitersegle. Dem Ökosystem bleibt immerhin der Flug von 4 Menschen von Martinique nach Deutschland erspart. Die 4 fliegen stattdessen nun von Sal nach Europa und ich von hier nach Sal. Unterm Strich ein Gewinn für das Ökosystem. Gewonnen! Es lebe der Ablasshandel!

Ich habe viel zu tun am Laptop. Die Nuria will einen Abschlussbericht von mir. Für die Homepage bereite ich den 2. Bericht meiner Reise vor.

     

Es ist Sonntag, der 18. Januar 2009. Walter Baßler, der Pastor der Ev. Tourismusgemeinde, kommt außerhalb der Betriebszeiten zum Einkauf in den Hofladen. Nuria lädt ihn zum Spätstück mit mir ein und ich ihn zum Mittagessen auswärts. Nuria und die anderen WWOOFerInnen haben es zur Feier meines Abschiedes in einem nahen Landgasthaus eingerichtet und ich bin deren Gast.

Die Zeit des Wartens auf das Essen nützen wir dazu, um uns gegenseitig Liebes zu sagen. Die anderen nützen es zu meinem Nutzen, um mich zu beschenken: Walter hat 365 Weisheiten in einem Büchlein verpackt für mich.
       

    
Der Lukas überreicht mir ein zünftiges T-Shirt.
Die Nuria beeilt sich, mich zu entkleiden. Die Mütze ist eine Leihgabe aus Nurias Requisiten-Fundus. Hieraus wird später noch mehr auf mich zukommen.
Fertig ist der Matrose. Nach und nach kommen Fleischgerichte auf den Tisch, so richtig gemütlich und familiär: Jeder/jede nimmt sich von den Vorlegetellern, was er/sie möchte.

Zu Haus überrascht mich eine bunte fröhliche Gesellschaft.

  

   

   


Es beginnt die feierliche Eröffnung meiner sichtaren Hauptwerke. Zuerst die Hausfassade. Ich habe die zuvor gerade gewesene Oberkante des Steinbelages aufgelöst nach oben, sodass diese nun bergauf und talab geht.

   

   

Dann kommt der gemauerte Küchenkorpus dran – der erste in meinem Leben!
Zuletzt durchschneide ich das Band vor dem langen Steinmäuerchen, das sich am Parkplatz herumschlängelt und dann das ganze Shop-Gebäude an der Straße entlang. Trari, trara! Wer kocht, putzt, den Garten bestellt und soziale Stütze der Gruppe ist, hinterlässt keine Denkmäler. Dazu musst du mit Steinen, Zement und Mörtel umgehen können!

 

Dienstag, 23. Dezember 2008

Das Schiff, das mich gefunden zu haben geglaubt hat

und ich es - es wird ohne mich fahren. Ich bin froh, herausgefunden zu haben, dass das Schiff nicht so ausgestattet war, wie es meinen bescheidenen Sicherheitserwartungen entsprochen hätte. Es kommt bestimmt noch was Besseres! Ich surfe nun wieder eifrig im Internet.

 

Mittwoch, 24. Dezember 2008
Überarbeitet am 18.01.09
Es ist kalt auf Gran Canaria und es weihnachtet

Dass es weihnachtet, merke ich alleine daran, dass die Menschen in jener Bar, wo ich mich, dank W-Lan, über ein drahtloses Netzwerk ins Internet einklinke, dass dort die Menschen einander frohe Weihnachten wünschen.
    


Der Weihnachtsmann ist allgegenwärtig: Am Wochenmarkt hat sich ein Marktfahrer als solcher verkleidet. Der Mann sah wirklich gut aus. An Fassaden seilen sich Miniatur-Weihnachtsmänner ab. Am Eingang des Restaurants steht ein überlebensgroßer Weihnachtsmann mit Speisekarte in den Händen. Es fehlt auch nicht an Weihnachtsfrauen und –kindern jeder Größe. In Las Palmas sind hunderte Palmen entlang der Stadtautobahn mit tausenden weißen Lämpchen bestückt. Auf der Fähre nach Teneriffa blinken kleine bunte Lämpchen flott und munter vor sich hin. Leuchtende Weihnachtsdekoration bis ins kleinste Dorf. Es blinkt und funkelt an den Häusern.

  

 

Das ist nicht jene Weihnachtsstimmung, in die ich als Kind eingetaucht war und die ich in der von mir gegründeten Familie zu pflegen versucht habe: Ein bis vier Kerzen erhellen das frühe Dunkel, was Neues sei auf die Welt gekommen, es gäbe das Böse gar nicht mehr, Liebe sei uns geschenkt. Und zum tausendsten Mal wird die Weihnachtsgeschichte vorgetragen, gespielt, gesungen und musiziert.

Einfach im Denken, fein im Fühlen und groß im Herzen – so findet dich das Licht und du findest es. Es sollen auch einige weise Menschen den Weg gefunden haben, allerdings auf dem Umweg zu dem Mächtigen – ein Blutvergießen auslösender Irrtum, den Mächtigen sich anzuvertrauen, wie wir nicht nur vom Evangelisten berichtet bekommen. Zum Glück ist der Engel eingeschritten und hat im Traum dem Josef gesagt, wo es lang geht. Heute würde man das den Heiligen Geist nennen. Den hatte man damals noch nicht gekannt. Er ist erst Jahrhunderte später auf einem Konzil entwickelt worden. Damals ist die Trinität gegründet worden, wo auch dieser Jesus von Nazareth einen Posten bekommen hat im Aufsichtsrat des in Rom sich etablierenden multinationalen Unternehmens.

Merkwürdig, was uns Menschen alles einfällt, wenn es – begünstigt durch die Witterung - wieder einmal darum geht, den dunklen Seiten unseres Daseins zu begegnen oder ihnen auszuweichen. Und was anderen Menschen wiederum einfällt, in dieses, den Menschen der nördlichen Hemisphäre gemeinsame Tief der Seelen ihre Netze zu hängen und im Trüben zu fischen. Dem Straßenbild nach zu schließen, haben jüngere Unternehmen den alten Multi samt dessen unmittelbaren Mitbietern ganz schön vom Markt verdrängt. Nicht bei den Mächtigen, weder den verdrängten, noch den Verdrängenden ist das Kind zu finden. Sie wüssten alle gerne, dem Herodes gleich, wo es ist, und sie täten es gerne aufspüren. Ein paar redlich Spirituelle versuchen für ihr Traditonsunternehmen zu retten, was zu retten ist. Andere wirken außerhalb.

Ich tu nicht mit bei der Jagd um mich und um mein Bestes! Ich versuche meinen Weg zu gehen – und wenn es sein soll, auf einem Esel in die Wüste, nach Ägypten, oder auf einem Segelboot in die Karibik.

Am Tag der Wintersonnenwende sitze ich ziemlich nackt vor meinem Zelt und lass mich von der Sonne bescheinen. Am späteren Abend - es wird hier „schon“ um 18:30 dunkel - spaziere ich, von der Internet-Bar kommend, heimwärts. Neben der Straße zirpt eine Grille. Tony, der Freund aus dem Nachbardorf, beklagt sich: "Es ist kalt auf Gran Canaria. Letzte Nacht hat es nur 12 Grad gehabt." Er scheint mir ein wenig Winter-Depression zu haben. Auf der schlecht gestimmten Gitarre übt er die Begleitung eines Spirituals. Er hat heute Bohneneintopf gekocht für uns. „Essen mit Löffel“, weiß er sich selbst und uns zu helfen, „das macht warm“.

Frohes Fest, immer eine Handbreit Eintopf im Topf und einen guten Löffel dazu!

 

Freitag, 26. Dezember 2008 - Überarbeitet am 18.01.09
Mein Jahr der Steine

Nun bin ich tatsächlich wieder der einzige WWOOFer hier im Bio-Garten – Eco Huerto, auf Spanisch. Weil ich ja offensichtlich doch noch übers Jahr hier sein werde, hat sich die Nuria eine originelle Arbeit für mich einfallen lassen: Steinplatten legen an kleine Säulchen im Bereich neben dem Eingang.

Für mich ist das tatsächlich das Jahr der Steine: Zuerst machen sie mir Pein im Bauch. Im Frühling gebe ich die vor anderthalb Jahrzehnten in mir gewachsenen Gallensteine her. Im Spätsommer lande ich auf der Steininsel Gran Canaria. Das Bearbeiten des Gartenbodens hier erlebe ich als eine einzige Auseinandersetzung mit störenden Steinen. Nun schauen den ganzen Tag die braunen, finsteren schroffen Felsgalerien auf mich herunter. Bis hierher erlebe ich die Steine als hässliche, schmerzliche Störenfriede.

Was nun folgt, ist eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Welt des Steinigen. Es fängt damit an, dass Nuria, meine Kost- und Quartiergeberin, mich beauftragt, den zuvor gemauerten Küchenkorpus auch noch mit Steinen zu belegen. Jetzt werden die Steine erstmals zum Material kunsthandwerklicher Kreativität, schmückendes Beiwerk für ein Gebrauchsmöbel. Als nächstes hatte ich ein Bauwerk zu errichten, das nur aus Steinen bestand:
   


Eine 20 bis 50 cm hohe Mauer aus runden Kieselsteinen, die Eingrenzung einer Blumenzeile, die den Vorplatz zum Shop nach drei Seiten hin abschließt und dann noch weiter dem Haus entlang führt. In Schlangenlinien und auf und ab soll die Mauer verlaufen, und mal höher, mal niedriger – hier sind Nuria und ich uns völlig einig. „Dancing with the stones,“ fällt mir ein, als Überschrift gewissermaßen. Einen Teil der Hausfassade mit Steinen zu belegen, war eine Arbeit mit sehr großen Steinplatten. Die Säulen sind von Nuria, Hannah und dem jungen Schweizer „besteint“ worden unter meiner fachkundigen Betreuung.

 

   

Danach hatte ich eine Stützmauer plus Treppe für die Neuanlage einer Garten-Terrasse zu bauen. Und nun habe ich an kleine Säulchen Steinplatten anzumörteln. Und schon lachen mich 30 Quadratmeter Betonestrich an: Diese Fläche schreit ja richtig nach Steinplatten. Nur versuchsweise lege ich mal einige Platten aus.

Wenn ich durch die Stadt gehe oder in Dörfer komme: Jetzt sehe ich auf einmal überall Steine, die von Menschen kunstvoll angeordnet worden sind an Wänden, auf Gehwegen, als tragendes Bauwerk oder als zweckloses Werk, nur der Ästhetik wegen errichtet. Und die braunen Felswände – sie sind irgendwie freundlicher geworden.

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