Wieder mal alles im grünen Bereich

Die Segelyacht "Windancer" steht im "Port Vila Boat Yard" an Land. In dieser Trocken-Marina können die Boote an Land sehr sicher die Hurrikan-Saison überdauern. Wenig sicher sind die Boote hier vor Dieben. Fabio, mein designierter Kapitän, hat vor 1 Jahr, als er vom Boot gegangen war, alles was von Wert, aber nicht niet- und nagelfest war, abgeschraubt und in ein Speditionslager gegeben: Solarpaneele, Windgenerator, Bimini, Sprayhood und natürlich die Segel. Das muss jetzt alles wieder aufgebaut werden. Der Klapptisch im Salon braucht ein neues Scharnier. Ich breche zwar 2 kleine Stemmeisen, aber sonst gelingt mir die Einlegearbeit ganz gut. Ich meditiere viel beim Waschen und Bürsten der veralgten Leinen.

Das ist eine gute Zeit, um uns gegenseitig zu beschnuppern.

Fabio ist Italiener. Er spricht 5 Sprachen. Weil Deutsch nicht dazu zählt, werde ich weiterhin mein Englisch vertiefen können. Fabio will zu den Salomonen. Die liegen im Sektor von Papua-Neuguinea bis Japan, für mich also im grünen Bereich. Über die Salomonen lese ich in Wikipedia, dass dort die Leute noch ärmer sind als in Vanuatu. Sie sind deshalb aber nicht glücklicher, denn in der Vergangenheit haben sie ethnische Reibereien gehabt. Sie leiden an den Wunden noch vielfältig.

Das Schiff von Fabio ist einrumpfig, 12,2 m (40 Fuß) lang, 2 m Tiefgang, 2 Vorsegel und das Großsegel, alles zum Rollen. Die Maschine hat 55 PS.

Das Schiff ist vor 7 Jahren in Frankreich gebaut worden. Fabio ist der Erstbesitzer.

Zwei Plätze weiter steht die SY "Eclipse" aus Vienna

Das Eignerpaar Ernst und Dagmar, beide aus Wien, verlassen ihr Boot und steigen ins Taxi

Seit Neuseeland sind das die ersten Segel-Österreicher, denen ich begegne.

Fabio vermisst sein gutes Ölzeug. Ob es gestohlen worden ist − das ist nur eine Vermutung. Ich bedaure sehr, dass die Zahl der zu waschenden Leinen sehr hoch ist. Davon hätten mir die Hälfte gerne gestohlen werden können.

Hier hängen die Leinen zum Trocknen

Nach dem Waschen der Leinen kommt das Versorgen der Tampen, das sind die Enden. Ich verdrille sie, wo es nötig ist und zu guter Letzt wird alles mit dem Leinen-Schweißtrafo verschweißt, sodass sich da nichts mehr selbständig machen kann.

Luisa aus Italien ist angekommen. Sie beteiligt sich nicht am eigentlichen Segeln, wohl aber wird sie kochen. Es hat alles immer vorzüglich geschmeckt.

Luisa in ihrer Grundhaltung: Fotografieren

Alltag mit den ni-Vanuatuanern

Das Vorbereiten des Bootes dauert fast 2 Wochen. Ich habe noch Zeit, um den Menschen im Alltag zuzusehen.

Das "ni" ist Bislama, das Pidgin−Englisch in Vanuatu. Vermutlich kommt es aus dem Englischen "ne", das zum Beispiel vor dem Mädchennamen einer verheirateten Frau gesetzt wird und auf deutsch "geborene" meint. Wer in Vanuatu einem Stamm angehört, ist ein ni-Vanuatu. Grundsätzlich gehört man zum Stamm des Vaters. Ist der Vater kein ni-Vanuatu, etwa ein Weißer, dann gehört das Kind dem Stamm der Mutter an − so ist es mir berichtet worden.

Kommt man mit Menschen ins Gespräch, erfährt man sehr bald, von welcher Insel er/sie stammt. Der Name der betreffenden Insel wird mit einem Hauch von gesundem Stolz genannt.

Jeder freut sich, sagen zu können, von welcher Insel er stammt. Das setzt sich auch in den nächsten Generationen so fort. Wessen Großvater von Malakula nach Port Vila gezogen ist, der wird immer sagen, dass er/sie von Malakula stamme.

Ich finde die Menschen sehr humorvoll. Sie können sich über Kleinigkeiten zerkugeln vor Lachen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Lachen in johlende Aufschreie gipfelt. Es lässt sich gut scherzen mit den Menschen.

Die Mimik und Gestik ist leicht zu deuten, weil der unseren sehr ähnlich. Eingeschnappt sein − das habe ich noch nie beobachtet hier.

Erzählen sich die Leute was Erstaunliches, dann geben Zuhörende in der Regel ein nach innen gesaugtes Ts-ts-ts-ts von sich. Beifälliges Erstaunen wird mit einem Pfeifen durch die Lippen kommentiert: Der Ton macht ein kleines Schleiferl nach unten, geht glissando erst eine Oktave rauf und endet dann ein paar Töne tiefer.

Frauen pfeifen übrigens regelmäßig Melodien. Sie tun das, wenn sie einer Tätigkeit nachgehen, die nicht der vollen Aufmerksamkeit bedarf, zum Beispiel den Tisch decken. Männer habe ich auch pfeifen gehört, aber nicht so häufig.

Das lautstarke Hervorhusten von Schleim und Ausspucken desselben gehört zum guten Ton, bei Männern, wie auch Frauen.

Ein Reisefreund macht mich darauf aufmerksam: Es gibt keine Bettler im Straßenbild, obgleich viele Menschen bettelarm aussehen. Bevor jemand die anonymen Passanten anbettelt, wird er von Nachbarn und Stammesgeschwistern mitgezogen. Es kennt hier jeder jeden, anonym sind lediglich die Touristen. Das gewachsene soziale Netzwerk hat betteln nicht vorgesehen.

Ich übersiedle auf die "Windancer"

Am Tag bevor die Windancer ins Wasser geht, checke ich aus im Tui Backpackers und beziehe ich die Bugkabine.

Am Nachmittag beginnt der 1. Versuch, das Boot ins Wasser zu lassen. Es gibt dazu eine schräge Ebene aus Beton, einen Wagen, der unter das Gestell geschoben werden kann, auf dem das Boot steht, einen Traktor mit Seilwinde und 5 Mann, davon 3 fallweise mit Neoprenanzug, Schwimmflossen und Schnorchelzeugs. Der Traktor schiebt den Wagen mit einer Stange vor sich her.

Ein Räderpaar des Wagens ist vom Traktor aus hydraulisch lenkbar. Nun schiebt der Traktor den Wagen mit dem Boot, dessen Heck voran, zur schiefen Ebene wasserwärts. Der Traktor fährt nicht mit ins Wasser. Er wird zuvor abgekoppelt

Von da an wird der Wagen über eine Umlenkrolle, die weiter draußen am Meeresboden verankert ist, ins Wasser gezogen und mit einem anderen Seil dagegen gehalten. Die am Traktor montierte Seilwinde wird an Land in den Boden verankert.

Die Schnorchler haben nun dafür zu sorgen, dass der Wagen auf seiner schiefen Bahn bleibt, denn auch die Lenkungs-Hydraulik zum Traktor ist inzwischen abgekoppelt.

Wie unser Boot getrailert wird und schon tief im Wasser steht, geht einem der Räder die Luft aus. Es gibt ein Zwillingsrad, daher kippt unser Schiff nicht um. Doch das Schiff muss wieder herausgezogen werden. Der Reifen wird gewechselt. Es ist Abend geworden und die Tide ist inzwischen zu niedrig, um das Boot zu wassern.

Fabio trägt es mit Fassung

Es gibt einen neuen Anlauf am Samstag um 6 Uhr früh bei Anbruch des neuen Tageslichtes. Doch auch da ist das Wasser schon wieder zu niedrig. Es ist schließlich 14 Uhr, als uns die neue Flut aufhebt.

Wir fahren unter Motor rund um die kleine Insel Tiririki und finden eine freie Boje im Bojenfeld der "Port Vila World Marina".

In der Marina beschäftigt uns das neue Großsegel. Es passt alles wie bestellt. Mit Fabio ist es ein Leichtes, Hand in Hand zu arbeiten. Ich kann ziemlich leicht erkennen, was sein nächster Handgriff ist, bzw. welchen Handgriff von mir er erwartet. Errate ich es nicht, ist es für Fabio kein Grund, anderwärtig aufgestaut gewesenen Ärger über mich zu ergießen − wie das schlechte Skipper tun und von mir am eigenen Leib erfahren. (Siehe zum Beispiel "Der Unskipper" in "Frühere Reisen" auf meiner Webseite http://www.segelnumdiewelt.at/Reiseberichte/unskipper.html)

Abschied aus Port Vila

Wir müssen noch Diesel und Benzin tanken, Trinkwasser und Nahrung einkaufen.

An den Souvernier-Läden und −Ständen werde ich kein Geld los, aber schauen tu ich schon:

Eines Morgens − es ist der 27. September 2011 − laufen wir aus. Es geht nach Norden in die Havannah Bay auf Efate. Das ist die gleiche Insel, wo auch Port Vila ist. Es gibt ein paar Stunden Wind zum Segeln.

Nächsten Tages am frühen Morgen beginnen wir die Überfahrt zur Insel Epi. Wir haben 65sm vor uns, das sind gut und gerne 10Stunden. Wir haben wieder kaum Wind. Der Motor läuft fast ständig. Den Batterien tut es gut. Irgendwas ist wrong im elektrischen System des Schiffes, denn über Nacht entlädt sich die Servicebatterie stärker als Kühlschrank und Kühltruhe verbrauchen könnten. Wenn tagsüber die Maschine läuft, schaltet Fabio auch den Wassermacher ein. Im Salon sitzend hört sich das für mich an, als ob ich in der Ölmühle wäre, wo 20 schwere Motoren für Ventilatoren, Rüttler und Ölpressen lärmen. Das geruhsame Segeln hört sich anders an, erinnere ich mich.

Neujahr auf Epi

Wir speisen am Abend im Restaurant in einer Bucht von Epi. Ariel aus Israel mit Familie ist auch da. Seine Frau ist Ärztin und volontiert auf Kosten des Staates Israel in hiesigen Spitälern. Ariel ist Manager von Beruf. Auch er volontiert darin. Schon teilt er uns mit, dass nach dem jüdischen Kalender nun ein neues Jahr angebrochen sei. (füntausendsiebenhundertsechzigundeinwenigmehr, so genau konnte er es auch nicht sagen) "Alles Gute!" tönt die Runde. Ariel managt sogleich eine kleine Feier: Er teilt mit uns einen Apfel und bietet Dattelsirup an. Dahinein tunken wir unsere Apfelstücke. "Möge das neue Jahr ebenso süß werden", schließen wir uns Ariels Wunsch an!

Ein neuer Tag findet uns auf der Fahrt nach Malekula.

Hier begegnet uns die "Big Sista".

Auf ihr bin ich 3 Monate vorher von Port Vila nach Luganville gefahren.

Auf der großen Insel Malekula

In Malekula gehen wir ganz im Süden hinter der sehr kleinen Insel mit dem sehr kurzen Namen Ui vor Anker.

Leute aus dem Dorf samt Chief Kaisa besuchen uns per Kanu

Am nächsten Tag finden wir einen Ankerplatz hinter der kleinen Insel Vao. Es empfangen uns einige Männer.

Man führt uns in die Kirche.

Sie hat eine gute Akustik, wie ich singend erprobe. Meine Gesang beeindruckt James, den Präsidenten des Kirchengemeinderates sehr. Er lädt mich ein, morgen, beim Sonntagsgottesdienst wieder zu singen.

Wir wandern tiefer in die Insel

und landen schließlich in einem Dorf.

Es gibt hier einen berühmten Holzschnitzer und Steinbildhauer.

Es ist hier üblich, dass die Knaben, sobald sie zu Männern reifen, feierlich beschnitten werden. Das macht auch der Holzschnitzer. Die Knaben sind also in sicherer, geübter Hand.

Hiefür gibt es ein eigenes Haus

Das Haus ist eingezäunt und für keinen anderen Zweck zugelassen. Hausherr ist unser Holzschnitzer. Ich bekomme von ihm die Erlaubnis, Details des kunstvollen Bauwerkes aus der Nähe zu fotografieren.

Hiefür gibt es ein eigenes Haus

Ganz wohl ist mir nicht dabei. Ich stell mir vor, das muss ja weh tun. Für ein Weiheritual, das die Aufnahme in die Welt der Männer bedeutet, gehört sich das wohl so. Ein Gewinn in der leiblichen Liebeslust soll es nicht sein, weiß ich vom Hörensagen, eher das Gegenteil. Und wegen der Hygiene, das heißt der Entzündlichkeit der bei vorhandener Vorhaut unbelüfteten Partien müsste es nach meiner Erfahrung nicht sein. Ich löse das, indem ich keine enganliegenden Unterhosen anziehe und die Vorhaut phasenweise nach hinten/oben gezogen trage, sodass alles gut belüftet werden kann. Ein einziges mal nur waschen am Tag kann − bei dieser Hitze hier − wirklich zu wenig sein. Zur Beschneidung sehe ich in meinem Fall keinen Handlungsbedarf. Der Holzschnitzer legt sein Messer bei mir nicht an!

Zum Sonntagsgottesdienst in der katholischen Kirche kommen wir zu spät. Man hatte uns dessen Beginn eine Stunde später angesagt. Die Gemeinde bekommt nichts zu hören von mir.

Der Pfarrer bereitet bereits das Abendmahl vor. Er singt monoton, ich höre stark das Traurige an der Geschichte heraus. Kraftvoll, lebensfroh und mehrstimmig singt die Gemeinde.

Hinter einer anderen, wiederum sehr kleinen Insel finden wir eine schöne Bucht. Sie ist im seichten Teil mit einem wunderbaren Korallengarten bewachsen. Während Fabio schnorchelt, sitze ich im Schlauchboot und schau mir die Korallen von der Luft aus an. Denn irgendwo habe ich meine Schnorchelbrille liegen gelassen − "Sie lassen alle mal was liegen, die Großen dieser Welt .... Souvenir, Souvenir" summe ich, mich tröstend damit. Ich wüsste gerne, welch horrende Preise nachkommende Generationen für all meine liegen gelassenen Taschenmesser, Schirmmützen, Schnorchelmasken und Handtücher einst erzielen werden.

Espiritu Santo

Das ist die größte Insel von Vanuatu. Sie ist im Süden dicht besiedelt. Da liegt auch Luganville, die zweitgrößte Stadt des Landes. Im Norden und in den Bergen soll es noch recht urtümliche Dörfer geben, wo die Menschen sich noch mit dem Lendenschurz begnügen.

Im Süden, dicht an Espiritu Santo (hier sagen alle kurz "Santo"), liegt die Insel Aora. An deren Nordufer finden die Segler besseren Schutz als nahe an Santo. Wir gehen an eine Boje. Es gibt eine Fähre zum Hin- und Herfahren. Was es hier nicht gibt, ist eine Tankstelle für Yachten.

Zum Glück hat ein Cargoschiff 100 Liter Diesel vom Fass für uns

Am Mittwoch, dem 5.10. Laufen wir in Luganville aus. Nahe der mir sehr vertrauten Oyster-Insel gehen wir vor Anker. Fabio hat keine Papierkarten an Bord. Sein elektronisches Kartenprogramm zeigt zu wenige Details. In seinen beiden Büchern über Ankerplätze in Buchten kommt Oyster Island nicht vor. Die Zufahrt ist etwas schwierig zu finden. Daher ankern wir ein Stück außerhalb.

"Mein" Restaurant auf der Insel findet den Beifall von Luisa und Fabio.

Wir fahren im motorgetriebenen Schlauchboot flussaufwärts zum großen Blue Hole. Ich hatte die Fahrt 6 Wochen vorher − wie früher bereits berichtet − im Kajak gemacht. Von jener Ruhe und Stille, jenem Zauber, der mir im Paddelboot begegnet war, ist im lärmenden Dinghi freilich nichts zu merken. Das knattert den Fluss dahin. Bald sind wir im blauen Loch, warten 20 Minuten bei abgeschaltetem Motor. Ich nehme ein Bad. Dann knattern wir wieder flussab. Keine Wassergeister, keine Nymphen, keine Elfen − die mögen das Laute nicht.

Fotografiert habe ich erst wieder, als wir uns der "Windancer" nähern.

und beim Jausnen

Zum Ausklarieren nach Vanua Lava, Wiedersehen mit Father Luke

Es gibt es eine Nachtfahrt nach Vanua Lava in der Banks-Inselgruppe. Eigentlich wollte Fabio nach Rah segeln, um dort den Father Luke auf seinem Anwesen zu besuchen. Aber Fabio befand, dass weder dort, noch bei der ganz nahen Insel Mota Lava ein geeigneter Ankerplatz sei. Das hatte mit der Wirklichkeit nichts zu tun, eher mit Fabios hierfür untauglichen Seekarten. So gehen wir in Vanua Lava vor Anker.

Hier müssten wir sowieso her, denn es ist der letzte Ort zum Ausklarieren.

Der Zufall will es, dass Father Luke in diesen Tagen auch in Vanua Lava weilt. Er besitzt in Vanua Lava, etwa 10 sm von Ra entfernt, zwei weitere Bungalows. Sie werden von seiner Tochter betreut. Hier treffen wir auf ihn und die Wiedersehensfreude ist groß.

Wir spazieren am Sonntag im recht sauberen Dorf herum.

Es zieht uns zum Hospital, denn hier soll es Internet-Zugang geben. Doch die Krankenschwester weiß das Passwort nicht.

Am Montag amtswaltet die Polizei wieder − wir brauchen sie, um auszuklarieren, denn wir werden nun die Inselwelt von Vanuatu verlassen und zu den Salomonen segeln.

Der Himmel ist ziemlich bedeckt, als wir Vanua Lava verlassen.

Vor uns, noch 10 sm entfernt, die Insel Mota Lava

Fabio stellt am GPS die Wegepunkte ein

Luisa fotografiert

und genießt

Insel Mota hinter uns im Süden

Das hat verdächtig nach einer Windhose ausgesehen −

war aber dann doch nur Regen, der aus der Wolke fällt

Wo der Wind auf Inseln trifft, wird Luft nach oben getragen und gewirbelt. Die nach oben gehobene Luft verliert an Druck und damit auch an Temperatur. Der zuvor unsichtbar gewesene Wasserdampf kondensiert zu sichtbaren Wolken. Hinter den Inseln zeigen sich dann oft mächtige Wolkengebilde, wie hier am Bild hinter Mota Lava, auf der Leeseite

Vanua Lava von der Luvseite

Ureparapara rückt heran

Es sei das die "most mystic/magic island", hatte mir Solomon, der jüngste Sohn von Father Luke vor Wochen erklärt. Hier werde noch viel mehr Magie praktiziert als auf den anderen Inseln von Vanuatu.

Die Solomon Islands − erster Landfall auf Nendo

Die Salomonen sind ein ausgedehnter Archipel und ein eigener Staat. Nach 2 Tagen und 2 Nächten legen wir in der Graciosa-Bucht auf der Insel Nendo, auch Ndende genannt, Provinz Santa Cruz an den Betonklotz bei der der Stadt Lata.

Fabio entscheidet sich für die Westeinfahrt. Hier heißt es, zwischen Korallen durchzuschlängeln.

So sieht es aus, wenn Strömungen aus verschiedenen Richtungen an der Oberfläche erscheinen

An dieser verwahrlosten Kaimauer

machen wir fest, so gut es geht

Einer der ersten Eindrücke: Kinder mit rotem Mund vom Betelnusskauen

Eigentlich wollten wir einklarieren. Was wir bekommen, ist Besuch vom Quarantäne Officer. Er will sich überzeugen, dass wir den Vorschriften gemäß nichts an Bord haben, was das ökologische Gleichgewicht der Salomonen stören könnte:

Nach erfolgter Amtshandlung verziehen wir uns tiefer in die Graciosa Bay. Wir finden eine friedliche Bucht nahe einem stillgelegten Sägewerk.

Dank der Vermittlung eines Franziskaner-Bruders − er ist zu uns ans Boot gepaddelt gekommen − bekommen wir Gemüse aus dem Garten von Anita und John. John ist der Seelsorger für Schüler und Lehrer einer Ausbildungsstätte für anglikanische Priester. Ich tausche Schulhefte, Kugelschreiber und Bleistifte gegen Melanzani, Kürbis und mehrere Exemplare einer großen Bohnenfrucht.

Hier wohnt John mit seiner Familie

Und das ist der Garten

Der Gemeinschaftsschlafraum für die Studenten ist eine Gabe der EU

Und das ist Küche mit Speisehaus für die Studenten

Es schaut recht spartanisch aus, aber auch nachlässig gepflegt.

Ich beschließe am nächsten Morgen den Melanesiern nicht länger mehr die Aussprache meines Namens zuzumuten. Ich nenne mich ab nun Charles oder Charly. Das geht meinen Mitmenschen hier leicht von der Zunge. Auch Luisa, die Italienerin, hatte meinen unaussprechlichen Namen auf Vol reduziert. Voli, so haben mich alle genannt, bis ich mit 8 Jahren − erfolgreich in der Familie − protestiert habe dagegen. Es wurde immer mit dick assoziiert, was ich auch gewesen bin und mich daher gehänselt hat.

Ich hole mit dem Schlauchboot Wasser aus der ufernahen Bergquelle. Im Kanu begegnet mir ein Mann. "Good morning, how are you" "Im fine" folgt darauf, was denn sonst. Dann stell ich mich vor mit meinem neuen Namen: "Im Charles from Austria". Ich traue meinen Ohren nicht. Der Mann im Kanu sagt "Im Vol". Das erstemal in meinem Leben begegne ich einem Menschen, der die Kurzform meines Namens trägt − und ich habe ihn soeben abgelegt!

Wir verlassen die wirklich schöne Bucht, diesmal durch die breite Nordpassage der Graciosa-Bay.

Draußen erwartet uns die Insel Tinakula mit einem Vulkan wie im Bilderbuch

Makira, auch San Cristobal genannt

Frauen an kleinen Tischen verkaufen grüne Früchte. Es sind Betelnüsse. Die Menschen sitzen herum und kauen sie. Davon bekommen sie nachhaltig rote Zähne und vorübergehend ein gutes Gefühl. Die Wirkung soll viel sanfter sein als die von Marihuana, aber auch sanfter als die vom Kava in Vanuatu. Es macht froh, vielleicht bloß wie Schokolade. Das Gekaute wird ausgespuckt. Es ist rot. Das hat den Vorteil, dass man dem Sputum am Boden ganz leicht ausweichen kann, im Gegensatz zu dem was die Vanuatuer nach Kava-Genuss noch stundenlang, aber farblos ausspucken.

Es ist Sonntag. Die Geschäfte sind alle geschlossen. Das einzige was offen hat, ist die Kirche. Doch der Gottesdienst ist schon zu Ende.

Wir sind kaum aus dem Dinghi gestiegen, da begrüßt uns der anglikanischer Priester (erkennbar am Metallkreuz auf der Brust, mit Metallkettchen um den Hals gehängt) mit Handschlag: "Im Father Martin".

Nach einer kleinen Runde durch den Ort

setzen wir uns an den Strand

und schauen in die Luft

Um 14 Uhr macht der Chinese seinen Laden auf. Bei ihm können wir Landeswährung ertauschen. Bäcker gibt es keinen. Luisa und Fabio werden zum Frühstück sich mit Crackers begnügen müssen. Das Müsli schmeckt den beiden nicht. Es wird mir bleiben.

Früchte bringen 5 Männer im Kanu zu uns ans Boot: Papaya, grüne Kokosnüsse, Sternfrüchte. Fabio hat 3 Liter Rotwein für die Boys. Nachher tut es ihm leid, denn die Burschen hier − so ist zu lesen und zu hören − sind Alkohol gar nicht gewöhnt, sie werden rasch gewalttätig davon. Die Boys kommen wieder und verhalten sich auffällig, merkwürdig und aufdringlich. Wir richten uns auf ungebetenen nächtlichen Besuch ein. Fabio kettet Außenborder, Schlauchboot, die vollen Benzinkanister an, perfekt mit Vorhangschlössern und Stahlseilen. Ich habe die pfiffige Idee, die Ankerkette, im Bereich wo sie vom Bug zum Wasser reicht, reichlich mit Maschinenfett einzulassen. Da kommt uns keiner rauf! Ich stelle mich auf leichten Schlaf ein − doch es gibt keinen Besuch.

Es geht in die vorvorletzte Etappe. Wir ankern im Norden der Insel Makira, in einer halbwegs geschützten Bucht.

Die vorletzte Etappe bringt uns zur kleinen Insel Rua Sura. Sie liegt bereits vor der großen Insel Guadalcanal. Es sind über 60 sm. Wir fahren früh unter Motor los. Gefrühstückt wird erst während der Fahrt.

Wir finden Schutz an der Nordseite der Insel, wo, von Korallen gebildet, eine Art Lagune ist.

Es besucht uns ein Boot mit einer ganzen Gruppe von Fischern. Sie haben in den nahen Korallen mit Harpunen Fische erlegt. Natürlich wird getauscht. Fabio gibt eine Leine her und 10 Liter Benzin samt Zweitaktöl. Für eine große Schnecke muss er 2 Angelhaken herausrücken.

In der Nacht kommt starker Wind auf, es regnet, blitzt und donnert. Wir stehen hier 2 Tage und 3 Nächte durch. Ich habe Zeit, Rückschau zu halten.

Gesegelt sind wir sehr sehr wenig. Anfangs war wirklich kein Wind. Wenn später dann Wind aufkam, war er entweder zu stark von vorne oder zu stark von hinten, oder überhaupt zu stark. Den Spi-Baum − gut zum Ausbäumen des Vorsegels bei Wind von hinten − wollte Fabio nicht setzen, denn das gibt immer Schwierigkeiten, sagt er. Manchmal müssen wir Strom machen. Dann läuft die Maschine immer mit. Manchmal müssen wir Wasser machen, obwohl reichlich im Tank vorhanden, doch Wassermacher lieben es, regelmäßig eingeschaltet zu werden. Und Fabio liebt seinen Wassermacher. Dann lärmt es im Salon, dass ich meine, in der Ölmühle zu sein. Fabio hat viele schöne Zwischenstationen ausgelassen. Obwohl ich mich an den Kosten für Dieselöl und Benzin beteiligen habe lassen, hatte ich kaum Mitsprache bei den Tageszielen. Ich habe mich − offen gestanden − auch nicht recht bemüht um Mitsprache.

Beim Back Gamon hat Fabio meistens verloren. Weil ich immer im passenden Moment Doppel hatte, hat er geschimpft. Doppel passen natürlich immer, sofern man nicht eingesperrt ist. Fabio hat einfach ein wenig schlechter gespielt. Das hätte mir grundsätzlich nichts ausgemacht. Aber er war auch ein schlechter Verlierer und wollte zuletzt gar nicht mehr spielen.

Wir nähern uns Honiara.

In Honiara gehen wir am Freitag, dem 21. Oktober 2011 an eine Boje. Es ist die Hauptstadt der Salomonen, auf der Insel Guadalcanal liegend. Hier bin ich an meinem nächsten Ziel angekommen. Fabio will noch nach Gizo weitersegeln. Ich vermute, er wird meist motoren. Wir trennen uns in gutem Einvernehmen.

Ich gehe frohgemut von Bord. Im Yachtclub scheint alles zu schwanken, wie das so ist, wenn man längere Zeit auf schwankendem Schiff gelebt hat. Ich steige für 2 Nächte im Rain Tree Cafe ab, denn es liegt schön am Wasser zwischen Bäumen, und ich habe Internet-Zugang direkt im Zimmer.