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Morgenfeier

auf der Segelyacht „ONDA“, während ihres Aufenthaltes vor Anker in der Wreck-Bay (auch Post Office Bay genannt) vor dem Hauptort der Insel San Cristobal, Galapagos. Gesamtbericht Galapagos: Galapagos Teil 2

Schon geraume Zeit drängt die Blase nach Entleerung. Es ist schon heller Tag, als ich endlich am Pumpklo sitze. Die Pumpe quietscht. Ich weiß, sie ruft nach Öl. Ich gieße ein paar Löffel Maiskeimöl nach. Zum Zubereiten von Speisen genießt diese Ölsorte bei Stu und Lynn nicht jene Wertschätzung wie bei mir. Hiefür bevorzugen sie das ernährungsphysiologisch nicht so hervorragende (Quelle: meine Ernährungsberaterin www.praeventissimo.at ) Olivenöl. Wenn ich für mich alleine mal eine Eierspeise mache, dann zweige ich mir was vom Pumpklo-Schmieröl für mein Frühstück ab. In der Regel kommt es dann, etwas später zwar, doch wieder der Pumpe zugute.

Von draußen dringen Geräusche ans und ins Boot. Ahnungsvoll halte ich Nachschau. Tatsächlich, da liegt ein junger Kerl eines Seelöwen auf dem Deckel der steuerbordseitigen „Lazarettkiste“. Das ist die Kiste ganz am hinteren Ende, schon außerhalb des Steuerstandes. Die niedrigere, mittschiffs liegende Badeplattform hat Stu kunstvoll mit Kreuzundquer-Leinen gegen die nächtlichen Besucher versperrt. Bei aller Gastfreundlichkeit meiner Gastgeber gegenüber Mensch und Tier – das geht ihnen zu weit, oder anders gesehen, ist ihnen zu nahe. Sie sagen, diese Tiere stinken und hinterlassen Haare.

Heute früh ist es einem jungen Seelöwen gelungen, Grenzen zu überwinden, die andere ihm gesetzt haben. Ein guter Tag für das Tier. Ich sympathisiere mit ihm. Wir schauen uns groß in die Augen. Ich spüre, heute geschieht auch noch was Großes. Ich mache das – wann immer es sich schickt – unter Umgehung der Bordtoilette. Von Pumpklos bin ich traumatisiert. Es wäre nicht das erste, das unter meinen Händen seine Funktionsfähigkeit verlöre. Und außerdem hängt mir noch nach, dass ich in meiner Herkunftsfamilie aus angeblich gegebenen Anlässen als der „Kaputtmacher“ gehänselt worden bin. Heute mache ich einen Bogen um die Kunststoffschüssel und die sensible Pumpe.

Die Gelegenheit ist günstig. Am Ufer bellt ein kleiner Hund. An der Baustelle für die neue Mole klopft schon jemand. Sanft rauscht die leichte Dünung ans steinige Ufer. Ein Wassertaxi quert fern die Bucht. Eine anlasskonforme, richtig feierliche Stimmung. Wie mein junger Freund merkt, dass ich mich anlassbedingt auf die backbordseitige Lazarettkiste begebe, gleitet er still ins Wasser. Ich gleite ihm ein wenig geräuschvoller nach und feiere das Loslassen der Kutteln von vor 3 Tagen. Sie hatten sich längst schmerzfrei irgendwo im Bauch isoliert, so wie das mein PC mit den ungebetenen Viren macht. Ja, nun lassen mich die Übelmacher los. Die Fische haben ihre Freude damit.

Die Morgenfeier dreht sich weiter um meinen Körper, allerdings außen herum. Ich trockne mich mit Hingabe und Ausdauer ab. Pilzsalbe auf Zehen- und Fingernägel, vor- und nachbeugend. Aloe Vera – ein Geschenk noch von der Nuria, meiner Chefin am Eco Huertos in Gran Canaria – massiere ich in beide Knie ein. Ein Orthopäde und Chirurg wollte mir schon vor 8 Jahren ein neues Knie vermessen. Sollte das Auswechseln meines angeborenen Knies gegen eines aus Nirosta der Schulmedizin einzige Lösung sein, so ist das für mich das Signal, nach Wundermitteln auszuschauen. Da ist mir nun das Aloe Vera begegnet. Es „geht“ mir und meinen meniskusarmen Kniegelenken gut damit.

Der Wasserkessel pfeift mir. Ich gieße mir meine Drogen auf: Grüner Tee und schwarzer Kaffee. Die überreife Papaya im Kühlschrank lockt mich. Ich schneide 2 Scheiben ab. Kerne und Schale bekommen gleich die Fische, das köstliche Fruchtfleisch esse ich vorerst selber.

Ich habe mich als Kind immer gewundert, dass Karl May bei der Spurenvermeidung und –Wahrnehmung nie von den tierischen oder menschlichen Exkrementen schreibt. Dabei müssen die doch sehr aufschlussreich gewesen sein: Aha, Kutteln gegessen, nicht ordentlich gekaut – VB war da! Inzwischen weiß ich: Von solchen dunklen Geschäften zu schreiben, ist damals tabu für Karl May und für seine Fans gewesen. Ich bin nicht Karl May und lebe in einer aufgeschlossenen Zeit, wo die Medien seit Jahren die Menschen mit viel unappetitlicheren Dingen beschmeißen und durchbohren.

Dass ein deutschsprechender Abgeordneter just in dem Augenblick auf’s Häusl musste, als über die künftige Amtssprache in den USA abgestimmt worden ist, und es daher mit einer Stimme Mehrheit das Englische wurde und nicht das Deutsche, soll nur eine Legende sein. Wahr ist, dass der berühmte Astronom Tycho de Brahe bei der Audienz vor Seiner Majestät, es nicht gewagt hat, aus der Warteschlange auszutreten, um auszutreten. In der Folge ist er an einem Blasensprung, wohl sehr schmerzhaft und zu früh verstorben. Diese tödliche Geschichte fällt mir immer ein, wenn ich im Bett, unter Druck stehend, liegend mich wälze. Und besser wird es nicht vom Warten. Und schließlich, wenn gut gemacht, kann das Ausleiten eine schöne Morgenfeier einleiten.

Es ist noch immer ruhig am Boot. Mein junger Freund kehrt noch zweimal zurück, wagt es aber nicht, vor meinen Augen den Deckel der Lazarettkiste zu erklimmen. Zuletzt gibt er einen zu Herzen gehenden Klagelaut von sich und entgleitet endgültig meinem Blick.



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